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Sonntag, 17. August, 06:20 Uhr: Kaum aufgewacht, geht mein erster Blick in Richtung Fenster. Und außer Suppe kann ich draußen nichts erkennen. Dabei hatte die Wettervorhersage uns für die letzten zwei Tage Sonnenschein pur versprochen.

Als wir am Vortag die Braunschweiger Hütte im Nebel erreichten, setzte 30 Minuten nach unserer Ankunft der Regen ein. Am Abend lies der Blick aus dem Fenster nichts gutes verheißen: Der Regen hatte sich in Schneegestöber verwandelt. Wir haben von einer Gruppe gehört die auf der Zweitbegehung ist, da sie im Vorjahr hier auf Grund eines Wettereinbruches abbrechen musste.

Eisblumen

Auch in unserem Rother Wanderführer steht gleich zu Beginn: „Die heutige Etappe sollte nur bei wirklich gutem Wetter in Angriff genommen werden. Bei Feuchtigkeit werden die Steige rutschig, Neuschnee und Nebel können die Orientierung [..] durchaus zum Problem werden lassen. Bleiben Sie im Zweifel lieber eine Nacht länger auf der Braunschweiger Hütte.“ Das könnte eine Zwangspause bedeuten.

Bringt alles nichts, wir müssen vor der Hütte schauen wie die Bedingungen sind. Vielleicht kam ja gar nicht so viel Schnee runter. Ich schlüpfe in meine Hüttenschlappen, um erst einmal die Bedingungen an den Pissoirs zu prüfen. Als ich da so stehe und mein Blick in Richtung Fenster wandert, dauert es einen Augenblick bis ich es realisiere: Sonne! Tiefblauer Himmel! Traumbedingungen! Badabuuum! Das Fenster in unserem Matratzenlager war einfach nur beschlagen…

Tina auf dem Venter Panoramaweg

Wir frühstücken ausgiebig, stehen um 07:45 Uhr in eisiger Kälte vor der Braunschweiger Hütte und ringen mit einer Entscheidung: Nehmen wir den – laut Wanderführer – „anspruchsvolleren Hauptweg über das Pitztaler Jöchl“, „die Schlüsselstelle“, oder folgen wir „der einfacheren Variante“ über das Rettenbachjoch. Das Hüttenpersonal meint es wären „beide gleich“. Wir sind an diesem Morgen nicht die einzigen, die sich diese Frage stellen. Ich komme mit der Bergführerin einer bekannteren Alpinschule aus Oberstdorf (nein, keine Namen jetzt) ins „Gespräch“. Aber außer schnippischen Antworten bekomme ich aus der Dame leider auch nicht viel heraus. Warum sie den Weg übers Rettenbachjoch gehen, möchte ich wissen: „Weil ich mir beim Abstieg übers Schneefeld keine nassen Schuhe holen möchte“. Mhmh. Soso. Sie wird sicher ihre Gründe haben.

Die Schlüsselstelle am Pitztaler Jöchl

Aber eigentlich ist die Entscheidung ganz einfach. Es herrschen Traumbedingungen. Und für einfach sind wir nicht hergekommen. Auf zum Pitztaler Jöchl! Die ersten Schritte sind eine kleine Offenbarung. Ich rutsche beinahe weg, als ich mein gesamtes Körpergewicht auf einen Stein gebe. Völlig vereist. Zeit mal wieder die Wanderstöcke auszupacken, um solche Überraschungen besser abfangen zu können. Geht sich gleich viel besser. Im Schatten der Berge steigen wir los, um uns langsam in Richtung Sonne vorzuarbeiten.

Aufstieg zum Pitztaler Jöchl

Aufstieg zum Pitztaler Jöchl Die letzten Meter zum Pitztaler Jöchl

Wir erreichen die Schlüsselstelle. Eine etwa 300 Meter lange Querung an der steilen Flanke des Pitztaler Jochköpfle. Ausgesetzt, eng, aber gut versichert. An der schmalsten Stelle findet nur ein Schuh Platz und hin und wieder müssen die Hände für leichte Klettereien herhalten. Die letzten Meter sind von Eiszapfen und Schnee begleitet und um 08:45 ist es dann vollbracht: Wir haben den höchsten Punkt auf dem E5 erreicht! Und ganz ehrlich: So schwierig war die Querung gar nicht…

Am Pitztaler Jöchl angekommen

Da es für uns aber noch höher hinausgehen soll, werden wir den E5 gleich verlassen. Über ein Schneefeld steigen wir zum Restaurant Rettenbachgletscher hinab, wo wir den E5 endgültig verlassen. Tschüß, mach’s gut, schön war’s. Vor dem Restaurant fährt just in dem Moment der Bus ein, der uns in 10 Minuten durch den Rosi-Mittermeier-Tunnel zum Parkplatz am Tiefenbachferner bringt, von wo aus wir um Punkt 10:00 Uhr in den Venter Panoramaweg einsteigen.

Einstieg zum Venter Panoramaweg

Und Panorama ist in dem Zusammenhang mit Mega gleichzustellen. Was für ein Mega-Panorama! Den Panoramamegaüberweg teilen wir uns mit Schafen, Alpenbraunellen, unzähligen Mohrenfaltern und der Bergschule von heute morgen. „Also meine Schuhe sind schon wieder trocken!“, begrüße ich die Bergführerin freundlich, als sie uns während einer Pause einholen. Staunend folgen wir dem Megaweg, der sich den Routenverlauf mit der Via Alpina und dem Ötztaler Höhenweg teilt, immer umgeben von zahlreichen Berggipfeln, vorbei am Weißkarsee. Als irgendwann in der Ferne der Similaun auftaucht, muss ich kurz schlucken.

Doro auf dem Venter Panoramaweg

Direkt dahinter liegt der Vernagter Stausee. Da hinten enden die Alpen. Da hinten liegt Meran. Da hinten findet unsere Alpenüberquerung ihr Ende. Und morgen sind wir da. Mir wird das urplötzlich bewusst und ich nehme einen Gang raus. Noch einmal entschleunigen, noch einmal tief einatmen, noch einmal staunen. Und dann stehen wir in dem kleinen Bergsteigerort Vent.

Der Wanderführer sieht von hier aus noch den Aufstieg in 2:15 Stunden zur Martin-Busch-Hütte vor. Da diese allerdings restlos ausgebucht ist, nisten wir uns in einer kleinen Pension ein und heben uns Restweg für den Folgetag auf. Unsere Unterkunft liegt direkt am „offiziellen“ Wegverlauf und gehört zu einem Bergführer. Da gibt es tatsächlich einen sehr gut ausgestatteten Trockenraum. Mit beheizten Stäben für die Schuhe! Dabei habe ich doch gar keine nassen Schuhe.

Alpenschafe

Wir nutzen den freien Nachmittag um uns im örtlichen Supermarkt mit Schokoriegeln & Co. einzudecken. In einem kleinen Laden gibt es eine Buchausstellung, und Tina kauft sich tatsächlich gebraucht für schmales Geld ein dickes Buch mit Alpensagen. Schönes Andenken. Zum Abendessen gönnen wir uns einen Restaurantbesuch und als Betthupferl werden Sagen aus dem Buch gelesen.

Noch einmal schlafen. Morgen schon in Meran.

Zum Weiterlesen und Mitkommen: Der letzte Tag unserer Alpenüberquerung

Via Alpina

4 Antworten

    1. Allerdings 🙂 Bei Nebel hätten wir einige großartige Eindrücke versäumt. War auch der erste Tag, an dem wir so tolles Wetter hatten.

  1. Hey, sehr coole Tour!
    Ich bin den E5 im Juli gegangen. Das war meine Absolute Lieblingsetappe!
    Wir sind allerdings den langen Abstieg ganz ins Tal gegangen und durchs Tal weiter bis vor die Martin-Busch-Hütte.
    Ich fand den Abstieg durch den Schnee einfach traumhaft!

    1. Ich kann die Tour auch nur empfehlen 🙂 Leider war die Martin-Busch-Hütte wie erwähnt restlos ausgebucht, wir mussten die rund 2 Stunden dann am nächsten Tag gehen.

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