Das Problem

Vor meiner Alpenüberquerung hatte ich mal wieder dasselbe Dilemma: Woher bekomme ich unterwegs Strom, um technische Geräte wie Smartphone, Actioncam, Kamera oder GPS-Gerät aufzuladen? Schließlich möchte ich den GPS-Track aufzeichnen, Fotos schießen, Videos drehen und von unterwegs auf Facebook posten, um euch möglichst interaktiv zu berichten. Klar, Abends auf den Hütten gibt es vereinzelte Steckdosen. Aber die sind meist stark belagert und Freunde mache ich mir da sicherlich nicht, wenn ich dann noch meine Armada an stromhungrigen Luxusartikeln auspacke.

Bei der Mehrtageswanderung über die Alpen  habe ich mir damit beholfen, indem ich mich auf das Wesentliche reduziert habe und bspw. keine Tracks oder Videos aufgezeichnet habe. Jetzt möchte ich allerdings bei Tagestouren nicht immer solche Kompromisse eingehen. Da packe ich gerne mal rund 200 Gramm für Actioncam mit Zubehör mehr mit ein. Oder lasse mein Smartphone den ganzen Tag laufen, um den GPX-Track aufzuzeichnen. Aber das macht mein Akku nicht mit.

Die Lösung

Eine Powerbank! Ok, nicht ganz die perfekte Lösung. Mit beispielsweise 15.000 mAh kann ich mein Handy zwar bestimmt 8-9 mal aufladen, allerdings hält der Akku bei aktiver Track-Aufzeichnung maximal einen halben Tag. D.h. spätestens nach 4 Tagen ist die Bank leergesaugt. Und das alleine von meinem Handy.

Ok, die wirklich echte Lösung

Eine Powerbank, die von der Sonne geladen wird! Perfekt. In meiner Fantasie hängt das Solarpanel tagsüber außen am Rucksack und lädt dabei die im Rucksack befindliche Powerbank. An der kann ich – bei Bedarf parallel – ladebedürftige Geräte anschließen. Zu klein darf das Panel natürlich nicht sein. Da ich nicht von 24 Stunden Sonnenschein ausgehen kann (selbst bei meiner Expedition zum Polarkreis), soll auch bei bedecktem Himmel etwas Strom fließen. Ich begebe mich also auf die Suche und werde tatsächlich fündig.

SunnyBAG LEAF

Das Smartphone beim LadenAus Österreich kommt das Solarpanel LEAF von der Firma SunnyBAG. Diese bewirbt das Produkt als „das leichteste, flexible Outdoor-Solarsystem der Welt“. Und trifft mich damit mitten ins Outdoor-Herz. Nur 180 Gramm leicht, wetterfest (!) und mit einem universellen Befestigungssystem für Rucksäcke ausgestattet. Hätte ich das Produktdatenblatt schreiben dürfen, es hätte genauso ausgesehen. Shut up and take my money!

Der Lieferumfang

Die Herstellerangaben fürs Solarpanel-Quartett

Die graue Theorie

So. Jetzt packe ich mal mein Halbwissen als Ingenieur aus. Wenn ich mich richtig an meine Elektrotechnikvorlesungen erinnere (4 gewinnt!), müsste bei 3,2 Watt und 5 Volt ein Ladestrom von 0,68 Ampere (I = P/U = 3,2/5) rauskommen. Um jetzt die mitgelieferte Powerbank (2200 mAh) voll aufzutanken, müssten es also 3,2 Stunden (2200 mAh / 680 mA) sein. Dauernder Sonnenschein vorausgesetzt. Nagelt mich aber nicht fest, Elektrotechnik habe ich tatsächlich mit 4,o „bestanden“ 🙂 Vielleicht gibt es Aspekte, die ich nicht beachtet habe. Ihr dürft mich da gerne berichtigen!

Die farbenfrohe Praxis (Indoor)

Powerbank mit eingehendem (schwarz) und ausgehendem (weiß) KabelIn der Praxis ist mir mein Halbwissen dann ehrlich gesagt auch erstmal egal. Das Teil soll seine Aufgabe erfüllen: Mich unterwegs mit ausreichend Strom versorgen. Da es allerdings noch etwas hin ist bis ich das Solarsystem unter Wettkampfbedingungen testen kann, finden die ersten Einsätze im Alltag statt.

Das Panel wird also samt mitgelieferter Saugnäpfe direkt nach dem Auspacken erst mal mit der Powerbank verbunden und an die Fensterscheibe gepappt. Blöd nur dass es draußen schon dunkel ist. Ich muss mich also bis zum nächsten Tag gedulden.

Als ich am nächsten Abend mit fast leeren Akkus (also vom Smartphone jetzt) nach Hause komme, stöpsle ich gleich das Ladekabel zwischen Powerstick und Handy. Und tatsächlich, der Akku wird komplett aufgeladen. Und das obwohl es kein besonders sonniger Tag war und das Fenster in Richtung Westen liegt.

So eine Akkuladung frisst jetzt nicht besonders viel Strom und kostet nicht mal einen Cent. Aber ich feiere es trotzdem total ab. Ich habe mein Smartphone mit Solarenergie geladen!

Und wieder ein Stück Welt gerettet. Das muss ich jetzt nur noch sooft machen, bis ich die bei der Herstellung des Systems verbrauchte Energie wieder reingeholt habe 😉

Das ganze funktioniert übrigens auch ohne „Mittelsmann“ Powerbank. Einfach den USB-Ausgang des Panels direkt mit dem gewünschten Gerät verbinden.

Raus Jetzt! Der Outdoor-Test

Selbst im Schatten ist ein Ladestrom erkennbarDann endlich der erste Einsatz im Tagestourengeschäft. Wir haben uns den Klettersteig Gauablickhöhle ausgesucht und sind an diesem Tag 10 Stunden unterwegs, bis wir wieder am Auto sind. Mit im Gepäck habe ich meine Actioncam, meine Fotokamera sowie das Smartphone für Track-Aufzeichnung und gelegentliche Orientierung mit der Offline-Karte. Erfahrungsgemäß wird mein Smartphone als erstes die Grätsche machen, da dies dauerhaft das GPS anfunkt, dann wird die Actioncam schwach werden und die Kamera wird den einen Tag ohne Probleme mitmachen. Und so kommt es auch.

An diesem Herbsttag herrscht Traumwetter, allerdings durchqueren wir beim Zu- und Abstieg einige Wäldchen und der Klettersteig selbst führt durch die Nordwand. 10 Stunden direkte Sonneneinstrahlung sind also nicht gegeben. Nach etwa 4 Stunden rutscht die Akkuanzeige meines Handys in den roten Bereich. Ich verbanne es in den Rucksack und verbinde es dort mit der Powerbank. Gelegenheit zum durchatmen bekommt es allerdings nicht, die Track-Aufzeichnung läuft unvermindert weiter.

Das LEAF am RucksackAls ich es einige Zeit wieder aus der Versenkung hole, ist die Akkuanzeige tatsächlich auf über 80% gestiegen. 2 Stunden vor dem Ziel meldet sich mein Smartphone ein zweites Mal. Ich hänge es erneut an den Powerstick und kann somit die Trackaufzeichnung bis zum Ende fortsetzen.

Auch meine Actioncam vermeldet einen niedrigen Akkustand, als wir aus dem Klettersteig aussteigen. Wir peppeln uns erst mal mit Müsliriegel & Co auf und die Cam bekommt für eine halbe Stunde eine Portion Strom. Dies genügt völlig, um noch ein paar Clips vom Abstieg zu drehen.

Überzeugend übrigens auch das Befestigungssystem. Zum keinen Zeitpunkt der Tour hat sich dieses gelöst. Während ein unbemerkter Verlust während einer Wanderung sicherlich ärgerlich ist, kann im Klettersteig ein stürzender Gegenstand für die nachfolgenden Kletterer richtig gefährlich werden.

Fazit

Den Tag hätte mein Smartphone ohne Extraenergie sicherlich nicht überlebt. Auch ein paar Bonusvideos vom Abstieg wurden Dank Solarenergie aufgezeichnet. Mich überzeugt die Outdoortauglichkeit dieses Produktes auf ganzer Linie. Das LEAF ist leicht, wetterfest und flexibel. Dadurch ist es unkompliziert für etliche Anwendungsfälle einsetzbar. Seine volle Stärke spielt es sicherlich bei Unternehmungen aus, die über mehrere Tage gehen. Mir macht es allerdings schon im Alltag Spaß das Panel zu Hause an die Fensterscheibe zu hängen, um somit Solarstrom zu gewinnen.