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Samstag, 16. August, 06:00 Uhr: Eisiger Wind schlägt uns entgegen, als wir die Tür zur Venet Gipfelhütte aufschlagen. Auf leisen Sohlen haben wir unser Zimmer verlassen und uns weitestmöglich auf dem Flur wanderfein gemacht, um die anderen Gäste wenig zu stören. Fürs Frühstückbuffet ist es noch viel zu früh, aber der Koch hat uns am Vorabend richtig dicke Lunchpakete geschnürt. Die liegen zwar schwer im Rucksack, sollten uns aber locker bis zum Folgetag reichen.
Bis Sonnenaufgang ist es noch etwa eine Viertelstunde, aber der Himmel ist wolkenverhangen und die Chancen auf ein Lichterspektakel am Morgen streben entsprechend gegen Null. Die Temperaturen liegen geschätzt wenige Grad über 0, der dazu eisige Wind beißt regelrecht und lässt die Temperaturen noch einmal nach unten sacken. Immerhin wird man so auch ohne Kaffee wach. Zeit, den Körper auf Betriebstemperatur zu bringen.
Der Weg ist schon vom Start aus gut einsehbar. Südlich des Venetberges – von unserem Standpunkt aus gesehen rechts – führt uns der Panoramaweg unterhalb von Wannejöchl und Kreuzjoch nach Wenns. Von dort wird uns der Bus weiter bringen. Und da es lediglich zwei Verbindungen gibt, haben wir uns vorgenommen die erste Gelegenheit zu ergreifen. Abfahrt 11:05. 4:20h Gehzeit laut Führer. Etwas Pause eingerechnet sollten wir so unsere Verabredung mit dem Busfahrer entspannt einhalten können.
Wir sind die ersten an diesem Morgen, als wir unsere Füße auf den Panoramaweg setzen. Das Panorama selbst scheint auch noch nicht hier gewesen zu sein. Ist ihm wohl zu ungemütlich. Und zu früh. Frau Holle hingegen scheint sich davon nicht beeindrucken zu lassen und schüttelt fleißig ihre Betten aus. Schneeflocken begleiten unseren Weg! In der andächtigen Morgenstille wandern wir an der Galflunalm vorbei, weiter bis zur Larcherlam, ohne dabei einer Menschenseele zu begegnen.
Das Wetter wird allmählich freundlicher, es hat aufgehört zu schneien und erste blaue Lücken tauchen in der Wolkendecke auf. Wir haben die Baumgrenze bereits erreicht, durchqueren kleine Wälder und laufen über schöne Weidewiesen. Als wir die Bushaltestelle in Wenns im Pitztal erreichen scheint schließlich die Sonne. 20 Minuten vor der Zeit! Wir legen die Jacken ab und lassen uns von der Sonne wärmen. Nach und nach treffen die nächsten E5-Wanderer ein.
Als der Postbus schließlich eintrifft, hat sich eine beachtliche Menge an Mitreisenden gesammelt. Glücklicherweise bekomme ich noch einen Sitzplatz, denn die Busfahrt in die Eiskammer des Pitztals dauert eine Stunde. Von der ich allerdings nicht viel mitbekomme… Das frühe Aufstehen fordert seinen Tribut und ich verabschiede mich ins Schlummerland. Auch ganz nett da.
Am Ende des Pitztals, in Mittelberg, steigen wir aus, als gerade der Himmel aufreist und den Blick auf unseren weiteren Wegverlauf freigibt. Entlang der Pitze geht der Weg flach bis zur Materialseilbahn. Wer möchte, kann hier seinen Rucksack deponieren und via Kurbeltelefon den Sendeauftrag absetzen. Wir tragen unser Päckchen lieber und begeben uns auf den Wasserfallweg, der seinem Namen alle Ehre macht. Am Wasserfall angekommen schlängelt sich der Weg gut gesichert durch die Felswand und endet auf einem breiten Schotterweg. Im Winter sausen hier die Skifahrer hinab. Heute glücklicherweise nicht.
Wir verlassen die breite Piste nach kurzer Zeit wieder auf einen Wanderweg und steigen umgeben von zahlreichen Dreitausendern weiter zur Braunschweiger Hütte auf, als sich plötzlich das Gletschertor auftut. Wir machen kurz Rast an einer wunderbar gelegenen Bank, als Wolken von Norden reinziehen und uns umhüllen. Tschüß Sonne.
Hallo Nebelwelt. Wir sehen keine 20 Meter mehr weit und laufen beinahe an der Braunschweiger Hütte vorbei. Dort begrüßt uns als allererste eine wohlgeformte Schneefrau. 2758 m! Unser höchstgelegener Schlafplatz auf der Alpenüberquerung. Mit WLAN. Ja. Mit WLAN. Ich wiederhole: Mit WLAN. Für alle die es noch nicht verstanden haben: Ach ihr wisst schon. Klar wäre es nett euch jetzt ein paar Bildergrüße über Facebook zu schicken. Aber muss das jetzt ernsthaft?
Ich widme mich dem Hüttenleben und lausche den zahlreichen Geschichten. An unserem Tisch ein Mann im goldenen Alter. Geschätzt über 80 Jahre alt. Er will bis nach Rom. „Jetzt hab ich da ja Zeit für!“. Wie großartig kleinlaut man hier doch werden kann, zwischen Bergen, die uns alle lange überstehen und Menschen, die genau das wissen.
Zum Weiterlesen und Mitkommen: Tag 5 unserer Alpenüberquerung