Alpenüberquerung Etappe 1: Von Oberstdorf zur Kemptner Hütte

Mittwoch, 13. August 2014: Endlich! Es geht los. Bereits im Juni 2013 hatten wir uns im Endorphinrausch unserer 4-tägigen Watzmanntour volltrunken vorgenommen, im nächsten Jahr gemeinsam die Alpen zu überqueren. Eine Wanderung, die mich seit einem Bericht vor einigen Jahren im Fernsehen nicht mehr losgelassen hat. Teufelszeugs, dieses Fernsehen.

Wir haben uns für die beliebteste Variante entschieden: Diese beginnt in Oberstdorf auf dem E5 und endet nach sechs Tagesetappen in Meran. Allerdings werden hier hin und wieder ein paar Beförderungshilfen angeboten, von denen man bei Bedarf Gebrauch machen kann. Alles in allem also eine sehr humane Variante. Wir wollen erst mal nur durchkommen. Rekordversuche behalten wir uns für das nächste mal vor 🙂

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06:30 Uhr: Der Wecker klingelt. Noch einmal die schöne warme Dusche und ein ausgiebiges Frühstück genießen, bevor wir mit dem Auto nach Oberstdorf aufbrechen. Die Mädels sind tatsächlich pünktlich (nicht dass ich je daran gezweifelt hätte ;)), somit können wir planmäßig um 07:30 Uhr den Motor starten und losrollen. Planmäßig auch unsere Ankunft: Um 10 Uhr stellen wir unser Auto auf dem Langzeitparkplatz P2 in Oberstdorf ab. Nur das Wetter hält sich nicht an unseren Plan. Es regnet.

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Egal, Tina hat das beste Gegenmittel dabei um die Stimmung zu heben: Alkohol und Schokoladenkuchen! Doro hat heute Geburtstag 🙂 Im Schatten der Rücksitzbank zündet sie die Kerzen auf der Mickey-Mouse-Torte an und lässt eine Runde Sekt aus Plastikbechern springen. Überraschung gelungen! Die Stimmung kocht. Doro freut sich ein drittes Bein. Wir verzehren den Kuchen, schlürfen Alkohol und das Geburtstagskind packt ihr Geschenk aus: Ein großartiges Victorinox Feststell-Taschenmesser! So ausgerüstet kann ja jetzt nichts mehr schief gehen.

Doro Geburstag  IMG_1542  IMG_1553

Das Wetter haben wir uns schön getrunken. Die Parkgebühr in Höhe von 38,50 € wurde via SMS entrichtet (35 € in Kleingeld? Klar! Ah ne, gerade leider doch nicht… Sonst aber immer! Dann eben bargeldlos mit Gebühr.) Wir schlüpfen direkt in unser Regenkostümchen und stapfen hinaus. Bereit, in die unberührte Wildnis vorzudringen. Na gut… Erst mal durch Oberstdorf durch.

Am Bahnhof vorbei schlagen wir den Weg in Richtung Talstation der Nebelhornbahn durch die Fußgängerzone ein. Kurz bevor wir die Talstation erreichen, spricht uns ein älteres Pärchen an „Wo geht’s denn hin?“. Der Anfang einer der vielen großartigen Geschichten, die uns auf dem Weg über die Alpen noch passieren sollen…

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Erst mal zur Spielmannsau. Und von dort über die Alpen nach Meran. „Kimmt’s mit, ich zeig euch den Weg!“. Sehr gerne. Wir folgen den beiden und erfahren viel. Dass die beiden aus Oberstdorf sind. Dass er selbst schon auf dem E5 unterwegs war. Dass es in der letzten Zeit viel geregnet hat (was wir im Verlauf der Wanderung noch öfter merken werden). Und dass es hier links der Trettach (flussaufwärts) den kürzeren Weg und rechts der Trettach den schwierigeren, aber schöneren Weg gibt. Wir stehen an einer Wegegabelung  an der Brücke über der Trettach.

Für einfach sind wir nicht hergekommen. Und über den kürzeren Asphaltweg haben wir schon viel gelesen. Wir entscheiden uns für rechts, was auch dem Wegverlauf unserer einheimischen Fremdenführer entspricht, wie wir hinterher erfahren. Über der Trettach mit ihrem breitem Kiesbett ziehen Nebelschwaden. Auf uns prasselt der Regen nieder.

An einer kleinen Brücke trennen sich unsere Wege. Wir bekommen den schönsten Weg zur Spielmannsau erklärt und sollen auf uns aufpassen. Machen wir. Und in Meran eine Flasche Wein trinken. Unbedingt! Und dafür drücken die beiden uns tatsächlich ein Taschengeld in die Hand. Wir fallen aus allen Wolken. Und das sind heute wohlgemerkt ziemlich viele. Vielen Dank Oberstdorf für diesen freundlichen, wenn auch verregneten Start!

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Gegen 13 Uhr kommen wir in der Spielsmannsau an. Ein überaus schöner Weg bis hierhin, wenn man sich noch zusätzlich am Christlessee links hält und den Weg durch den Wald wählt. Zeit für eine erste Pause. Wir gönnen uns 30 Minuten, denn ab jetzt zählt es. Der schöne Blick ins Trettachtal auf den Gipfel der Trettach verrät es: Höhenmeter schrubben.  Exakt 857 Hm trennen uns von unserem heutigen Etappenziel: Die Kemptner Hütte.

Die Straße hinter der Spielmannsau wird schmaler und endet an der Materialseilbahn. Wir folgen einem breiten Pfad, es geht über eine Brücke Rohrkonstruktion mit Brettern („Nur eine Person“ mahnt uns ein Schild), die über den Sperrbach führt. Es folgen weitere Brücken Flussüberquerungshilfen. Und dann ein vom Alpenverein erbauter Weg mit Seilversicherung.

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Wir bekommen den vielen Regen zu spüren. Links an der Felswand stürzen in regelmäßigen Abständen kleine Wasserfälle auf unseren Weg und verwandeln diesen abschnittsweise in einen kleinen Bach, bevor sich  das Wasser nach rechts den steilen Abhang hinuter in Richtung Fluss ergießt. Ausrutschen wäre hier doof. Aber der Weg ist gut gesichert.

Alpenüberquerung Etappe 1   Alpenüberquerung Etappe 1   Alpenüberquerung Etappe 1

Dann geht plötzlich alles ganz schnell. Wir lassen den Steig hinter uns, kommen auf grüne Almwiesen, treffen auf grasende Kühe und unser Ziel erscheint. Es ist 16 Uhr, als wir unsere Schuhe vom Schlamm befreien und unsere Regenkleidung in den Trockenraum der Kemptner Hütte hängen. Erinnert mich eher an eine Feuchthöhle. Aber an der Tür steht Trockenraum. Wird schon stimmen. Und ich bin tatsächlich ein bisschen stoked. Mir ist das Grinsen ins Gesicht genagelt.

Zum Weiterlesen und Mitkommen: Tag 2 unserer Alpenüberquerung