Seeregenpfeifer werden in Deutschland vom Bundesamt für Naturschutz BfN in Kategorie 1 der Roten Liste eingestuft: Vom Aussterben bedroht. Noch um 1985 schätzte man im deutschen Küstengebiet und im Hinterland etwa 5.800 Brutpaare. Heute findet man sie nur noch an wenigen Stellen entlang der Nordseeküste.
Meine erste Begegnung mit diesen trolligen Vögeln im Spätfrühjahr vergangenen Jahres hat mich zugegebenermaßen nachhaltig beeindruckt.
Durch Zufall habe ich die Beiden bei einem Strandspaziergang entdeckt. Das Pärchen schien noch mit dem Brutgeschäft beschäftigt zu sein, denn eines der Elternteile täuschte mir einen lahmen Flügel vor. Dabei lässt es einen Flügel hängen und schlägt mit dem anderen wild umher. Durch dieses Ablenkungsverhalten (auch Verleiten genannt) versuchen die Altvögel potentielle Feinde vom Nachwuchs oder dem Gelege abzulenken. Sie simulieren quasi einen hilflosen Vogel mit einer Verletzung, der für ein Raubtier eine leichte Beute wäre, um den Nachwuchs zu schützen. Ein Verhalten, dass auch bei anderen Arten, insbesonderen Bodenbrütern, beobachtet werden kann.
In der Literatur [Bezzel, Einhard (1995): BLV-Handbuch Vögel, S. 231–233] ist zwar zu vernehmen, man könne dieses Verleiten „[…] erst nach dem Schlüpfen der Jungen beobachten.“ – allerdings konnte ich keine Jungtiere entdecken. Jedoch nutzen diese bereits nach wenigen Lebtagen jegliche Deckung gezielt aus und können sich so bereits sehr gut tarnen.
Da Seeregenpfeifer Bodenbrüter sind, lauern hier einige Gefahren, mit denen auch andere Arten wie Fluß- oder Sandregenpfeifer zu kämpfen haben. Zum einen ist das Gelege so hervorragend getarnt, dass man sie als Spaziergänger kaum sieht. Die Eier sehen Steinen zum verwechseln ähnlich. Was die Regenpfeifer zwar einerseits vor Eierdieben schützt, kann ihnen durch unsere Unachtsamkeit zum Verhängnis werden.
Aber auch die Jungen können sich wie erwähnt sehr gut verstecken. Damit ist an einem Brutplatz des Seeregenpfeifers allergrößte Vorsicht und Zurückhaltung geboten, damit nicht unbeabsichtigt Eier oder Junge gefährdet werden. Und das gilt selbstverständlich auch für mich.
Auch freilaufende Hunde werden zur Gefahr. Im besten Fall können die Altvögel die unangeleinten Vierbeiner mit einem gekonnten Verleitungsmanöver von Nest oder Jungtieren fernhalten. Ob das allerdings immer gut geht…?